Digitale Innovationen werden zukünftig als die wichtigsten Triebkräfte für das Wachstum der Lebensmittelwirtschaft angesehen. Im Hinblick auf das kommende IAMO Forum 2020, das sich mit der digitalen Transformation von Wertschöpfungsketten im Agrar- und Ernährungssektor in Eurasien beschäftigt, führt das IAMO im Vorfeld eine Reihe von Interviews mit Plenarrednern des Forums durch.
Bohdan Kryvitskyi ist Leiter für den Bereich Innovationen bei IMC S.A., einer vertikal integrierten Agroholding mit Aktivitäten in der Ukraine. In seinem Interview mit dem IAMO erläutert er die Bedeutung der digitalen Transformation für den Agrarsektor und teilt seine Erfahrungen hinsichtlich der Einführung von Technologien bei IMC.
IAMO: IMC gehört zu den ukrainischen Agroholdings, die zur Ausführung ihrer Geschäftsprozesse sehr stark auf die Digitalisierung setzen. Wie identifizieren und wählen Sie digitale Lösungen für Ihr Unternehmen aus?
Bohdan Kryvitskyi: Ich kann mir kaum einen einzigen Arbeitstag bei der IMC ohne die Nutzung moderner Technologien vorstellen. Digitale Instrumente sind in unserem Unternehmen auf allen Ebenen umfassend in die Produktions- und Managementstruktur integriert. So sind beispielsweise unsere Traktoren mit digitalen Terminals ausgerüstet, die darauf abzielen, die Leistungskennzahlen von Traktoristen zu fördern und zu steuern. Gleichzeitig kann unsere Führungsspitze die wesentlichen Kennziffern der Gesellschaft ganz einfach vom Tablet aus im Büro analysieren. Dabei kann die Triebkraft hinter solchen Instrumenten durchaus ganz spezifisch sein, aber das übergeordnete Ziel ist immer gleich – nämlich eine Verbesserung der Effizienz.
IAMO: Welche Faktoren sind bei der Einführung digitaler Lösungen zu berücksichtigen? Was sind die wesentlichen Triebkräfte für die Umsetzung neuer Technologien bei IMC?
Bohdan Kryvitskyi: Der erste und wichtigste Faktor ist die wirtschaftliche Effizienz. Wir wollen sichergehen, dass eine bestimmte Lösung zu finanziellen Vorteilen führt. In unserem Unternehmen wird jede potentiell interessante Technologie umfassend erprobt. Darüber hinaus führen wir vor der Umsetzung jedweder Technologie in der Produktion eine Machbarkeitsstudie durch.
IAMO: Sträuben sich Mitarbeitende der IMC oder die lokalen Gemeinden in den Gebieten, in denen Sie tätig sind, eventuell gegen die Umsetzung neuer Technologien? Wenn ja, wie geht das Unternehmen mit diesem Problem um?
Bohdan Kryvitskyi: Die Landwirtschaft ist tatsächlich eine sehr konservative Branche und auch die ukrainischen Agrargesellschaften sehen sich auf Seiten ihrer Mitarbeitenden oft mit Widerstand unterschiedlicher Form gegenüber neuen Technologien konfrontiert. Es dauert eine gewisse Zeit, bis die Menschen erkennen, dass Technologien, obwohl es manchmal schwierig ist, sich an Innovationen zu gewöhnen, letztendlich doch Vorteile bieten, die die Nachteile überwiegen. Wir kommunizieren unseren Mitarbeitenden kontinuierlich die Bedeutung von Innovationen und im Ergebnis dessen sehen wir, dass sich ihre Haltung gegenüber Technologien wirklich verbessert.
IAMO: Welche Herausforderung umfasst der digitale Wandel für Ihr Unternehmen? Was sind Ihrer Meinung nach die drei wichtigsten Bedingungen für einen erfolgreichen digitalen Wandel der Agrar- und Ernährungswirtschaft in der Zukunft?
Bohdan Kryvitskyi: Die erste wichtige Herausforderung liegt darin, dass die erfolgreiche Umsetzung neuer Technologien eine wirklich sorgfältige Auswahl der Technologie erfordert. Aktuell gibt es einen großen Hype um die AgTech Innovationen: Eine große Anzahl von Technologieanbietern will aus den Trends ausschließlich Kapital schlagen. Daher sind mittlerweile in der Ukraine bereits viele Lösungen ohne nachgewiesene Effizienzsteigerungen kommerziell verfügbar.
Der zweite Aspekt umfasst die schlechte Infrastruktur in ländlichen Gebieten – insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu schnellem Internet. Die Entwicklung der Infrastruktur ist für die Überwachung der Qualität des Betriebs sowie für die Umsetzung fahrerloser Technologien in der nächsten Zukunft von grundlegender Bedeutung.
Außerdem bleibt die Qualität der Beratungsleistungen im AgTech-Bereich in der Ukraine eher niedrig. Infolgedessen müssen Agrarproduzenten ihre eigene interne Expertise entwickeln, was unter Kosteneffizienzaspekten nicht immer sinnvoll ist.
IAMO: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben.
Das IAMO Forum 2020 mit dem Titel „Digital transformation – towards sustainable food value chains in Eurasia“ findet vom 24. bis 26. Juni 2020 als Online-Konferenz statt. Die Anmeldung zur Veranstaltung ist bis zum 2. Juni 2020 möglich. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Konferenzwebseite.
