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| PM 01/2023

Wissenschaftler kritisieren Entwurf des Agrarstrukturgesetzes Brandenburgs

Aktueller Policy Brief der DFG-Forschungsgruppe FORLand wirft kritischen Blick auf den Agrarstrukturgesetzentwurf des Landes Brandenburg.

Der Agrarstrukturgesetzentwurf des Landes Brandenburg sieht umfassende Eingriffe in den landwirtschaftlichen Bodenmarkt vor. In einem aktuellen Policy Brief der DFG-Forschungsgruppe FORLand analysieren Wissenschaftler den Entwurf und kritisieren darin zahlreiche fehlerhafte Grundannahmen.

Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg hat den Entwurf eines Gesetzes zum Erhalt und zur Verbesserung der brandenburgischen Agrarstruktur (Brandenburgisches Agrarstrukturgesetz - BbgASG -) vorgelegt. Dieser Entwurf sieht deutliche Verschärfungen gegenüber den bestehenden Regelungen des Grundstücksverkehrs und des Landpachtverkehrsgesetzes vor. Sie betreffen ein Vorkaufsrecht regionaler Landwirte, Obergrenzen für Kauf- und Pachtpreise sowie Begrenzungen der Flächenausstattung von Unternehmen und Unternehmensverbünden.

Mitglieder der DFG-Forschungsgruppe FORland haben den Entwurf und seine agrarstrukturellen und ökonomischen Auswirkungen in einem Policy Brief analysiert. Prof. Martin Odening von der Humboldt-Universität zu Berlin und Mitglied des Autorenteams, äußert sich kritisch: „Der Entwurf basiert auf dem Narrativ einer Bedrohung durch renditeorientierte Finanzinvestoren, deren Aktivitäten einer vielfältigen und nachhaltigen Landwirtschaft in Brandenburg durch Preistreiberei und Flächenentzug entgegenstehen. Diesem Narrativ fehlt jedoch eine schlüssige empirische Grundlage."

Laut den Analyseergebnissen ist die Landwirtschaft in Brandenburg vielfältig und wettbewerbsfähig, die Bodenpreise sind vergleichsweise niedrig, und es besteht eine breite Streuung des Eigentums. „Der Großteil der landwirtschaftlichen Flächen befindet sich im Eigentum von landwirtschaftlichen und insbesondere 175.000 nichtlandwirtschaftlichen Privatpersonen,“ erklärt Odening. Die Autoren weisen jedoch auch darauf hin, dass bereits 23% der Fläche in Brandenburg im Eigentum oder in Bewirtschaftung von 72 großen Verbünden mit mehr als 2600 ha stehen und nicht, wie in der Gesetzesbegründung angegeben, lediglich 24 Unternehmen betroffen sind.

Der Gesetzentwurf sieht die Möglichkeit vor, Kauf- und Pachtpreise durch seitens der Verwaltung berechnete Ertragswerte zu begrenzen, statt sich an den Erwartungen und Plänen der im Wettbewerb zueinanderstehenden Erwerber und Pächter zu orientieren. „Die vorgesehenen Preisbegrenzungen erinnern an die gescheiterten agrarpolitischen Prinzipien der DDR-Planwirtschaft und der Marktordnungen der EU-Agrarpolitik aus dem letzten Jahrhundert,“ warnt Prof. Alfons Balmann vom Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) in Halle, Mitautor der Studie.

Die Folgen dürften gravierend sein: „Zum einen sind massive Entwertungen des Eigentums landwirtschaftlicher Flächen zulasten der landwirtschaftlichen Betriebe und Unternehmen ebenso wie vieler Privateigentümer zu erwarten. Zum anderen könnten durch die Ausschaltung wettbewerblicher Prinzipien und der Funktionen von Märkten enorme Folgekosten für den Sektor sowie für die Gesellschaft insgesamt entstehen,“ so Balmann. „Gerade angesichts der enormen Herausforderungen der Digitalisierung, des demographischen Wandels sowie auch des Klimawandels sollte man nicht in die Falle der Planwirtschaft zurückfallen“, fügt Balmann hinzu. "Es ist wichtig, dass wir die Auswirkungen solcher Regelungen vor der Vielschichtigkeit der landwirtschaftlichen Realität sachlich analysieren, statt uns an gefühlten „Wahrheiten“ zu orientieren. Andernfalls riskieren wir nicht nur negative wirtschaftliche Auswirkungen, sondern auch eine Beschädigung der langfristigen Nachhaltigkeit und Vielfalt der Landwirtschaft in Brandenburg."

Die Forscher betonen, dass es wichtig ist, die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen und die langfristigen Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf die Agrarstruktur, die Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft in Brandenburg und die Gesellschaft sorgfältig zu prüfen.

Der Policy Brief der DFG-Forschungsgruppe FORLand Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes zum Erhalt und zur Verbesserung der brandenburgischen Agrarstruktur steht zum kostenlosen Download zur Verfügung.

FORLand Forschungsgruppe

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsgruppe FORLand untersucht unter Beteiligung des IAMO die Effizienz und Regulierung landwirtschaftlicher Bodenmärkte. Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.iamo.de/forschung/projekte/details/forland/.

Über das IAMO

Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) widmet sich der Analyse von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungsprozessen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie in den ländlichen Räumen. Sein Untersuchungsgebiet erstreckt sich von der sich erweiternden EU über die Transformationsregionen Mittel-, Ost- und Südosteuropas bis nach Zentral- und Ostasien. Das IAMO leistet dabei einen Beitrag zum besseren Verständnis des institutionellen, strukturellen und technologischen Wandels. Darüber hinaus untersucht es die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Agrar- und Ernährungssektor sowie die Lebensumstände der ländlichen Bevölkerung. Für deren Bewältigung werden Strategien und Optionen für Unternehmen, Agrarmärkte und Politik abgeleitet und analysiert. Seit seiner Gründung im Jahr 1994 gehört das IAMO als außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft an.

Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO)
Theodor-Lieser-Straße 2
06120 Halle (Saale)
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IAMO twittert unter: https://twitter.com/iamoLeibniz


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Sina Lehmann

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Prof. Dr. Alfons Balmann

Prof. Dr. Alfons Balmann

Direktor des IAMO
Leiter der Abteilung Strukturwandel
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Humboldt-Universität zu Berlin
Tel.: +49 30 2093 46842
m.odening(at)agrar.hu-berlin.de