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IAMO Forum 2020: Interview mit Plenarredner Matija Zulj (Agrivi)

„Die Einführung neuer Technologien entlang der Nahrungsmittelkette benötigt Zeit, da die Beteiligten ihr Verhalten und ihre Routinen ändern müssen.“

Digitale Innovationen werden zukünftig als die wichtigsten Triebkräfte für das Wachstum der Lebensmittelwirtschaft angesehen. Im Hinblick auf das kommende IAMO Forum 2020, das sich mit der digitalen Transformation von Wertschöpfungsketten im Agrar- und Ernährungssektor in Eurasien beschäftigt, führt das IAMO im Vorfeld eine Reihe von Interviews mit Plenarrednern des Forums durch.

Matija Zulj ist Geschäftsführer und Gründer von Agrivi, einem globalen Landtechnik-Unternehmen, das eine der weltweit führenden Software-Plattformen für landwirtschaftliches Management anbietet. In seinem Interview mit dem IAMO berichtet er von seinen Erfahrungen bei der Einführung neuer Technologien entlang der Wertschöpfungskette in der Agrar- und Ernährungswirtschaft.


IAMO: Herr Zulj, wie sieht das Profil eines typischen Kunden bei Ihnen aus? Würden Sie der Aussage zustimmen, dass digitale Technologien im Wesentlichen für große landwirtschaftliche Betriebe Vorteile bringen, während kleinere Unternehmen viel geringere positive Effekte verzeichnen?

Matija Zulj: Zu unseren Kunden gehören professionelle landwirtschaftliche Unternehmen aller Größen, Lebensmittelunternehmen, die Landwirtinnen und Landwirte unter Vertrag nehmen, agrarökonomische Beraterinnen und Berater, die Landwirtinnen und Landwirten datengestützte Beratung erbringen, sowie andere Stakeholder der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Unsere Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Landwirtinnen und Landwirten hat gezeigt, dass alle Landwirtinnen und Landwirte, unabhängig von der Größe ihrer Betriebe, starke positive Effekte aus den digitalen Technologien erzielen können. Große Betriebe generieren größere Datensätze, die sehr aufschlussreiche Analysen sowie die Identifizierung von Verbesserungen ermöglichen. Aber auch kleinere Betriebe setzen oft über die Beteiligung an Kooperativen digitale Technologien ein, die vielfach mehrere Hunderte oder Tausende Landwirtinnen und Landwirte umfassen, die Daten miteinander teilen.

IAMO: Verzeichnen Sie unter den Landwirtinnen und Landwirten und anderen Stakeholdern der Agrar- und Nahrungsmittelwertschöpfungskette Widerstand gegenüber der Umsetzung neuer Technologien? Und wenn ja, warum ist das so?

Matija Zulj: Es gibt definitiv einen gewissen Widerstand, der mit der Neuartigkeit der von uns eingeführten Technologie in Zusammenhang steht. Wir bringen hier keinen besseren oder billigeren Dünger auf den Markt, sondern Produkte, die die Landwirtinnen und Landwirte noch nie genutzt haben. Digitale Technologien in der Landwirtschaft bilden eine neue Produktkategorie – einen echten „Blue Ocean”, auf dem dauerhaft Erfolge erzielt werden können. Im Zuge der Einführung neuer Technologien müssen die Landwirtinnen und Landwirte ihr Verhalten und ihre über Jahre hinweg erprobten Routineverfahren verändern. Das braucht Zeit, da es sich nicht um einen einfachen oder unbedeutenden Prozess handelt. Daher müssen alle Unternehmen, die für Landwirtinnen und Landwirte sowie die Wertschöpfungskette digitale Technologien umsetzen, starke Change-Management-Verfahren implementieren, um ihre Kunden angemessen zu unterstützen und eine erfolgreiche Übernahme der Technologie zu gewährleisten. 

IAMO: In den letzten Jahren interagieren die Beteiligten in der Nahrungsmittelkette zunehmend digital. Welche Stufen der Nahrungsmittelkette haben Ihrer Meinung nach die größten bzw. die geringsten Fortschritte in diesem Prozess gemacht?

Matija Zulj: Sowohl die vor- als auch die nachgelagerten Akteure der Wertschöpfungskette im Agrar- und Nahrungsmittelsektor sind stark in den Prozess des digitalen Wandels eingebunden. Vorgelagerte Stakeholder, wie Saatgut- und Pharmaunternehmen, weisen heute die höchste Aktivität unter allen Stakeholdern auf. Allerdings verzeichnen wir auch eine steigende Beteiligung von nahrungsmittelverarbeitenden Unternehmen und Einzelhändlern. 

IAMO: Was sind Ihrer Meinung nach die Herausforderungen des digitalen Wandels der Nahrungsmittelkette weltweit? Welche sind Ihrer Meinung nach die drei wichtigsten Bedingungen für den erfolgreichen digitalen Wandel in der Agrar- und Nahrungsmittelbranche in der Zukunft?

Matija Zulj: In den Wertschöpfungsketten des Nahrungsmittelsektors, insbesondere bei den Landwirtinnen und Landwirten, werden noch immer stark Offline-Aktivitäten bevorzugt. Überdies sind Agrartechnologieunternehmen häufig nicht einfach über Onlinekanäle zu erreichen. Der Zugang zu den landwirtschaftlichen Betrieben bildet daher neben der Technologieeinführung durch die Landwirtinnen und Landwirte eine der größten Herausforderungen für die Anbieter digitaler Technologien. Zu den drei wichtigsten Bedingungen für den erfolgreichen digitalen Wandel gehören die Information von Landwirtinnen und Landwirten sowie der gesamten Wertschöpfungskette über die Vorteile der Technologie, regulatorische Anforderungen im Hinblick auf nachhaltige Verfahren in der Landwirtschaft und die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher über Nahrungsmitteltransparenz, da die Verbraucherinnen und Verbraucher die Haupttriebkräfte sämtlicher Veränderungen bilden.

IAMO: Danke, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben.

Das IAMO Forum 2020 „Digital transformation – towards sustainable food value chains in Eurasia“ findet vom 24. bis 26. Juni 2020 in Halle (Saale) statt. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Konferenzwebseite.


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