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IAMO Forum 2020: Interview mit Plenarredner Gopinath Munisamy (University of Georgia)

„Den Akteuren entlang der Wertschöpfungsketten im Agrar-und Ernährungsbereich sollte der gleiche Zugang zu maschinellen Lernverfahren ermöglicht werden.“

Digitale Innovationen werden zukünftig als die wichtigsten Triebkräfte für das Wachstum der Lebensmittelwirtschaft angesehen. Im Hinblick auf das kommende IAMO Forum 2020, das sich mit der digitalen Transformation von Wertschöpfungsketten im Agrar- und Ernährungssektor in Eurasien beschäftigt, führt das IAMO im Vorfeld eine Reihe von Interviews mit Plenarrednern des Forums durch.

Gopinath (Gopi) Munisamy ist Professor für Agrar- und angewandte Wirtschaftswissenschaften an der University of Georgia (UGA), Athens, USA. Er forscht und lehrt im Bereich des internationalen Handels und der Agrarpolitik. In seinem Interview mit dem IAMO erläutert er, welche Rolle das maschinelle Lernen und die künstliche Intelligenz bei Handelsprognosen einnimmt.


IAMO: Wie werden maschinelle Lernverfahren heute für Branchenprognosen genutzt? Wie genau sind diese Vorhersagen?

Gopinath Munisamy: Maschinelles Lernen (ML) und künstliche Intelligenz (KI) sind seit langem auf den Finanzmärkten präsent, so zum Beispiel bei der Vorhersage von Aktienkursen und im Aktienhandel. Die Wirtschaft beginnt gerade zu erkennen, welches Potenzial hinter ML-Methoden steckt, um komplexe Beziehungen in jeglicher Anwendung zu dechiffrieren, sei es in den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft, auf dem Arbeitsmarkt, im Energiesektor, Handel oder auf anderen Gebieten. Die wenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an Branchenapplikationen des maschinellen Lernens arbeiten, haben vorwiegend deskriptive und prädiktive Methoden genutzt, aber es gibt auch Fortschritte bei der Nutzung von präskriptiven Verfahrensweisen. Gängige Methoden zur Beschreibung und Vorhersage schließen Entscheidungsbäume für quantitative und kategoriale Daten sowie Bagging (Bootstrap Aggregation), Boosting, Random Forest und Extra Tree Regression sowie neuronale Netzwerke ein.

In den wenigen verfügbaren landwirtschaftlichen Anwendungen sehen wir eine Vorhersagegenauigkeit von über 65 % bei ML – im Gegensatz zu etwa 35 % bei einigen traditionellen Anwendungen, wie zum Beispiel der Kombination von bestimmten Modellen mit Experteneinschätzungen. Noch wichtiger ist jedoch, dass mittels der ML-Methoden den Vorhersagen zugrundeliegende Faktoren erklärt werden können.

IAMO: Was sind die größten Herausforderungen bei der Anwendung von Verfahren des maschinellen Lernens in der Branche?

Gopinath Munisamy: Die Organisation der großen Datenmengen für die Anwendung von ML-Algorithmen ist eine große Herausforderung. Die ML-Methoden werden bei fortschrittlichen Programmiersprachen (Python) zu standardmäßigen Black Boxes. Deshalb ist es äußerst wichtig, das Forschungsziel eindeutig zu beschreiben, ein entsprechendes ML-Verfahren auszuwählen und die Daten im Vorfeld zu organisieren. Mit ML/KI und besonders dem Deep Learning brauchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hochmoderne Rechentechnik mit hoher Geschwindigkeit und Speicherplatz, und zwar große Speicherkapazitäten.

IAMO: Wie wird, Ihrer Meinung nach, die fortschreitende digitale Transformation die Struktur des internationalen und regionalen Handels auf globaler Ebene beeinflussen? Was sind aus Ihrer Sicht die größten Vorteile und Risiken der digitalen Transformation in der globalen Wertschöpfungskette der Lebensmittelwirtschaft?

Gopinath Munisamy: Auf nationaler Ebene liefern ML und KI kritische Informationen rechtzeitig, um besonders in Nordamerika, Europa und dem Fernen Osten Angebot und Nachfrage zu steuern. Die bessere Befriedigung der Nachfrage und eine verbesserte Beschaffung von Gütern verringern die Transaktionskosten, einschließlich für die Lagerung. Die Effizienzsteigerung über diese digitale Transformation stellt eine wichtige Wachstumsquelle dar. Länderübergreifend besteht die Herausforderung darin, dass wir kein Zweiklassensystem schaffen, d. h. jene, die sich ML und KI leisten können und andere, die nicht einmal über das Humankapital verfügen, diese Strategien auf der Marketing- und Handelsebene zu verstehen und umzusetzen.

ML und KI sind führend unter den Innovationen sowohl beim Produzenten als auch beim Verarbeiter. Neue Sorten, Chemikalien und Managementtechniken (z. B. KI-basierte Präzisionslandwirtschaft) schaffen auch wirtschaftliche Möglichkeiten. Dennoch sind mit diesen Technologien hohe Fixkosten verbunden und, das möchte ich nochmals betonen, besteht die reelle Gefahr, die Mehrheit der Landwirtinnen und Landwirte und Verarbeiter, die sich diese Technologie nicht leisten können, zurückzulassen.

IAMO: Danke, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben.

Das IAMO Forum 2020 mit dem Titel „Digital transformation – towards sustainable food value chains in Eurasia“ findet vom 24. bis 26. Juni 2020 als Online-Konferenz statt. Die Anmeldung zur Veranstaltung ist bis zum 2. Juni 2020 möglich. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Konferenzwebseite.

 


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