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IAMO Forum 2019: Interview mit Plenarredner Sergiy Zorya von der Weltbank

Das diesjährige IAMO Forum widmet sich landwirtschaftlichen Kleinbetrieben. Höfe, die nur weniger als zwei Hektar groß sind, produzieren ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittel, kurbeln landwirtschaftliches Wachstum an und stärken ländliche Räume. Doch fehlende Nachwuchskräfte und Förderprogramme, die tendenziell Mittel- und Großbetriebe begünstigen, stellen die Kleinbauern vor große Herausforderungen. Das IAMO hat im Vorfeld des Forums Interviews mit einigen Plenarrednern geführt und veröffentlicht die Gespräche hier in den kommenden Wochen.

Herr Dr. Zorya, in welchen Bereichen spielen kleine Landwirtschaftsbetriebe in Zentralasien und insbesondere in Usbekistan die größte Rolle?

In den meisten Ländern Zentralasiens sind kleine Landwirtschaftsbetriebe die marktbeherrschende Betriebsform. Dabei kann es sich um einzelne kommerzielle Betriebe, Dekhan-Farmen (kleine familiengeführte Betriebe, die überwiegend familieneigene Arbeitskräfte beschäftigen) oder Haushaltsparzellen handeln. So entfällt in Kirgisistan und Tadschikistan der größte Teil der landwirtschaftlichen Produktion auf kleine Betriebe. In Usbekistan betreiben Kleinbauern 65% des gesamten Gartenbaus und 90% der Viehzucht, das entspricht mehr als der Hälfte der landwirtschaftlichen Wertschöpfung. Sie koexistieren mit größeren Betrieben, die Baumwolle und Weizen produzieren. Ähnlich verhält es sich in Kasachstan, wo sich kleine Betriebe auf Viehzucht und Gartenbau konzentrieren, während große Betriebe Weizen und anderes Getreide produzieren.

Welche Betriebe gelten in diesem Zusammenhang als klein? Wie groß sind sie?

Die durchschnittliche Größe der landwirtschaftlichen Betriebe in Kirgisistan und Tadschikistan beträgt 3 bis 5 Hektar, so dass sie alle als relativ klein betrachtet werden können. In Usbekistan und Kasachstan ist die Agrarstruktur dualistisch: Die Größe der semikommerziellen Dekhan-Farmen und Haushaltsparzellen betragt jeweils 0,5 bis 1 Hektar, während Baumwolle und Weizen produzierende Einzelbetriebe durchschnittlich eine Fläche von 100 Hektar bewirtschaften.

Was sind Ihrer Meinung nach heute die wichtigsten Herausforderungen für die Entwicklung kleiner Landwirtschaftsbetriebe in Zentralasien?

Erstens verfügen kleine Betriebe über nicht genügend Produktionsvolumen. Es spielen aber weitere Faktoren eine Rolle: die Schwierigkeit, gleichbleibende Qualitäts- und Lebensmittelsicherheitsstandards zu gewährleisten, die schwache Professionalisierung (die Landwirtschaft ist „nur“ einer von vielen Arbeitsplätzen) sowie hohe Transaktionskosten weiterverarbeitende Betriebe und Supermärkte zu erreichen, gehören zu den größten Herausforderungen für kleine Betriebe in der Region. Darüber hinaus lehnen Kleinbauern in Zentralasien aufgrund der Geschichte der sowjetischen Kollektivierung gemeinschaftliches Handeln ab. Dieses Marktversagen und diese Herausforderungen erschweren es Kleinbauern, in Lebensmittelmärkte vorzudringen, die von sicherheits- und qualitätsorientierten Verbrauchern beeinflusst werden, und schließen sie weitgehend von modernen Lebensmittelwertschöpfungsketten aus.

Inwiefern unterstützt die Weltbank die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe und wie unterstützt sie diese politisch?

Die Weltbank setzt sich in mehrfacher Hinsicht für die Entwicklung der Kleinbauern ein, unter anderem durch die Fortsetzung des politischen Dialogs, um den Landwirten die Herstellung profitabler und arbeitsintensiver Produkte zu ermöglichen, weiterhin durch die Finanzierung öffentlicher Güter sowie die Sicherstellung des Zugangs der Kleinbauern zu diesen Gütern (einschließlich der Nutzung digitaler Technologien), sowie durch die Bereitstellung von Zuschüssen, damit sie in gemeinsame Vermögenswerte investieren können, was sich wiederum auf die Entwicklung der Agrarbetriebsstruktur auswirkt. Darüber hinaus arbeitet die Weltbank mit weiterverarbeitenden Betrieben als treibenden Kräften für Integration zusammen (in Form von produktiven Partnerschaften mit Agrarunternehmen/Exporteuren) und nutzt dabei eine Mischung aus passenden Subventionen, Kreditlinien und technischer Hilfe. Aufgrund geringer staatlicher Kapazitäten und Anreize gehört es auch zu den Maßnahmen der Bank, einige öffentliche Dienstleistungen für die Agrarindustrie im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften zu steuern.

Vielen Dank, Herr Dr. Zorya für Ihre Antworten. Bis bald in Halle (Saale)!


Kontakt

Prof. Dr. Thomas Herzfeld

Prof. Dr. Thomas Herzfeld

Direktor des IAMO
Leiter der Abteilung Agrarpolitik
Zimmer: 117

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